Restaurierung des Abtshausflügel des Isnyer Schlosses abgeschlossen

Wo die Sehnsucht wohnt

Friedrich Hechelmann hat den Abtflügel des Isnyer Schloss restauriert.

Friedrich Hechelmann hat den Abtshausflügel des Isnyer Schlosses restauriert. Den vorderen Flügel des Schlosses, das sogenannte Abthaus, präsentiert er jetzt im Glanze einer imaginierten Vergangenheit: restauriert und eingerichtet mit Erbstücken, Antiquitäten und viel eigener Seele.

Dahinter steckt eine traurige Geschichte. Als Hechelmann 1999 mit seiner Kunsthalle in das Isnyer Schloss umgezogen war, planten er und sein Lebensgefährte Joseph Baschnegger, sich eines Tages im ungenutzten Abtflügel ihre Traumwohnung einzurichten. Aber dann erlag Baschnegger 2007 einer tückischen Krankheit. Auch der einstige Schlossbesitzer Hans Müller, mit dem Hechelmann und Baschnegger eine Kulturstiftung gegründet hatten, ist gestorben. „Ich war alleine“, sagt Hechelmann. Der Künstler zog sich zurück. Er fühlte sich lange, wie er einmal erzählte, „seelisch amputiert“. Aber im Stillen arbeitete er doch immer wieder am Projekt Abthaus – „ganz individuell“ und auf eigene Kosten.

Auf Hochglanz gebracht Der Zustand der Räume war verheerend. Das Schloss, ursprünglich ein Kloster der Benediktiner, ging nach der Säkularisation 1803 in den Besitz einer kurzlebigen Grafschaft Isny über. Im Zweiten Weltkrieg kaufte die Stadt Stuttgart das Anwesen, um darin eine geriatrische Klinik einzurichten. Von Denkmalschutz war nicht die Rede. Man brach die alten Böden heraus, ruinierte die Stuckdecken, verteilte Leitungen, Steckdosen, Waschbecken für eine praktische Nutzung, die sich schon bald für die Stuttgarter nicht mehr lohnte. 1999 verkaufte sie das vernachlässigte Schloss an Hans Müller, die Stiftung wurde gegründet, und Hechelmann richtete im Hauptflügel seine Kunsthalle ein. Auch im angrenzenden Abtflügel mussten jetzt die Spuren eines gescheiterten Fortschritts beseitigt werden. Fotos belegen, was Hechelmann sagt: „Wir haben das Haus wieder in einen Rohbau verwandelt.“

Alles wurde neu gestaltet, wirkt aber als sei es schon immer da gewesen. So liebt es Hechelmann, denn: „Der Geist der Moderne widerspricht meiner Intention.“ Er entwarf Türen mit barocken Silber- und Goldbeschlägen und ließ die Flure mit Eichendielen auslegen, veredelt mit schwarzen Rauten und Sternen und auf Hochglanz lackiert. Schwere rote Seile mit Troddeln ersetzen das Treppengeländer. Die hohen Fenster wurden im Tiffany-Stil verziert. Denzenz interessiert Hechelmann nicht. Allerlei passt bei ihm zusammen – vom Augsburger Hochzeitsschrank über die venezianische Konsole bis zu den Zinntellern aus dem Familienerbe. Sein Sinn für eine üppige Ästethik eint die Dinge, man fühlt sich wie in einer grandiosen Kulisse.

Tatsächlich soll das Abthaus nicht nur für „niveauvolle Veranstaltungen“, sondern auch als Schauplatz für Filmszenen vermietet werden. Herrschaftliche Geschichten könnten hier spielen – im roten Erkersalon mit dem Flügel und der romantischen Landschaft des badischen Hofmalers Georg Otto Eduard Saal oder im Türkenzimmer mit den handbemalten Tapeten, den seiden bezogenen Louis-Seize-Sesseln und dem Fayence-Ofen aus Savona. Tapetentüren sorgen für geheimnisvolle Auftritte: „Das gehört zu einem Schloss“, meint Hechelmann, lächelt und führt die neugiertigen Besucher in einen ganz besonderen Salon: das „Mignon-Zimmer“.

Hier hat er, inspiriert von einer Alabaster-Büste, die Goethes liebliche Mignon darstellen soll, der Poesie des Dichters nachgeträumt. In einjähriger Arbeit bemalte er die Wände mit grünblau verdämmerten Tälern, Zitrusbäumen, Rosen und Kamelienbüschen. Hunderte von Vögeln sitzen in den Zweigen, an der Decke halten fliegende Tauben Blumengirlanden in den Schnäbeln. Und der Maler steht darunter und zitiert: „Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn…“ Das, sagt er, sie die Sehnsucht, „die ich auch kenne und in mir spüre“. Er malt sie immer wieder – und hat ihr jetzt eine Wohnung gebaut. (Birgit Kölgen in der Schwäbischen Zeitung vom 27. April 2012)

Führung Abthaus:
ca. 1/2 Stunde – 27,- € zzgl. 3,50 € ermäßigter Eintritt, max. 30 Personen

Führung Kunsthalle:
ca. 1 Stunde – 43,- € zzgl. 3,50 € ermäßigter Eintritt

Führung Kunsthalle und Abthaus:
ca. 1,5 Stunden – 70,- € zzgl. 3,50 € ermäßigter Eintritt

Anmeldung während der Öffnungszeiten unter Telefon: 07562/ 91 41 00

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